Das Leben von Karl Slevogt (* 1876 - † 1951) |
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Letzte Bearbeitung am 20.11.2018
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Der neben Corinth und Liebermann als bedeutender deutscher Impressionist geltende Maler Max Slevogt war ein Vetter von Karl Slevogt. Während Leben und Werk von Max Slevogt bestens und genaustens dokumentiert ist, muß man die spärlichen Hinweise auf den mindestens genauso bedeutenden Ingenieur, Konstrukteur und Erfinder Karl Slevogt mühsamst zusammensuchen.
Der junge Ingenieur begann 1899 seine Laufbahn in der Industrie und stand ab 1903 den Konstruktionsbüros mehrerer Firmen vor, so CUDELL 1902-1905, Laurin&Klement 1906-1907, PUCH 1907-1910, APOLLO in Apolda
1910-1924, SELVE 1924-1928, selbstständig 1928-1945, im Ruhestand 1945-1951.
über diese Zeit im Leben von Karl Slevogt wird im Folgenden möglichst detailliert anhand alter Unterlagen berichtet.
Karl Slevogt ist - völlig zu Unrecht - etwas in Vergessenheit geraten. Gewiß spielt bei der Wertung und der Rangfolge der Auto-Konstrukteure der Umstand eine Rolle, ob sie eine Automobilfabrikation unter eigenem Namen gründeten oder ob - wenn auch schöpferisch tätig und in leitender Stellung - in den Dienst fremder Firmen traten. Es liegt auf der Hand, daß Auto-Ingenieure, die lange Zeit eigenen Unternehmen vorstanden, mehr dafür taten, daß ihr Name unvergessen blieb, also solche, die, wie z.B. Bela Barany (VW), Heinich Buschmann (Magirus), Karl Slevogt und Josef Vollmer überwiegend oder immer in abhängiger, wenn auch verantwortlicher Stellung blieben.
Slevogt hat - auch aus finanziellen Gründen - immer am kleinen, leichten Fahrzeug bis ca. 4l Hubraum gearbeitet, weshalb er bei den berühmten Rennen mit den damaligen "Dickschiffen" von Rennwagen natürlich nie teilnehmen konnte. Wie auch heute wurde auch damals über die Fahrten und Rennen der Top-Klassen berichtet, die Ergebnisse in den "kleinen" Klassen sind oft unauffindbar.
Erschwerend kommt hinzu daß fast alle Firmen, in welchen Slevogt in leitender Position tätig war, die Zeitläufe und die Wirtschaftskrise der Weimarer Republik nicht überdauert haben.
Dabei muß Karl Slevogt zu den ganz Großen unter den frühen Automobil-Konstrukteuren gezählt werde und sollte gleichberechtigt neben Maybach, Horch, Porsche und Bugatti genannt werden. Auch aus heutiger Sicht ist es sensationell, mit welch geringen finanziellen und materiellen Mitteln Slevogt einen Apollo konstruieren konnte, der den Bugatti-13 überlegen war.
Seine Leidenschaft waren Bergfahrten, ob als "Erstbesteigung" oder als Bergrennen. Hierzu baute er sich die geeigneten Fahrzeuge.
Basis war fast immer ein leichter Vierzylinder-Motor.
Der Phönix-OHC-Motor, den er für Cudell konstruierte, war seiner Zeit um Jahrzehnte voraus. Bei Laurin&Klement verband er zwei von ihm konstruierte Vierzylinder-Blockmotoren zu einem 8-Zylinder-Antrieb. Bei Puch stellte er die Fertigung auf wassergekühlte Blockmotoren mit zuverlässiger Druckumlaufschmierung um. Auf Puch-Fahrzeuge erzielte er Rekorde, die jahrzehntelang nicht gebrochen werden konnten
Bei Apollo konstruierte er zuverlässige Hochleistungs-Sportmotore, Halbkugel-Brennräume, effektive Ventiltriebe, baute tiefgekröpfte Mittelmotor-Fahrwerke. Nach dem 1. Weltkrieg erschuf er die erste funktionierende Schwing-Vorderachse (unabhängige Radaufhängung) und experimentierte mit Jaray-Stromlinien-Karosserieren. Er versuchte sich bereits an Leichtmetall-Zylinderköpfen und Motorblöcken.
Bei Selve sicherte er zuverlässige Motoren und baute Fahrzeuge der Ober- und Luxusklasse. Bei den Sportwagen setzte er seine Experimente mit Stromlinen-Karosserien und 4Zyl-Hochleistungsmotoren fort. Er konstruierte einen allradgetriebenen Dreiachs-Geländewagen für das Militär.
Im eigenen Ingenieur-Büro konstruierte er für Hansa-Lloyd, er fertigte in Eigenregie Dreirad-Kleinwagen mit Zweitakt-Motor, entwickelte für Skoda und u.a. im Auftrag für Daimler-Benz. Nebenbei war er immer mit Forschungen an der Benzineinspritzung beschäftigt, verbesserte Bremsanlagen und Fahrwerke, an Geländegängigkeit und Allradantrieb hatte er immer Interesse.
In der Literatur wird Karl Slevogt ganz unterschiedlich "Carl" oder auch "Karl" geschrieben. In Absprache mit den Nachfahren von Slevogt, die mir bestätigten daß er sich selbst immer "Karl" schrieb, habe ich hier durchgängig die Schreibweise "Karl Slevogt" verwendet, ausgenommen in Zitaten.
Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis mit allen Links zu Unterdateien.
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Veröffentlichungen: Ich habe bislang drei Broschüren über das Leben von Karl Slevogt verfasst und im Eigenverlag herausgegeben:
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Karl Slevogt - der (fast) vergessene Automobil-Pionier, Din A5, 36 Seiten, Mai 2015, 4,00 €, 200 Stück, Lebenslauf |
Der Rennfahrer Karl Slevogt, Din A5, 60 Seiten, Oktober 2016, 6,00 €, 170 Stück |
Der Konstrukteur Karl Slevogt, Din A5, 64 Seiten, März 2021, 10,00 €, 50 Stück |
Der Konstrukteur Karl Slevogt, Din A5, 138 Seiten, Jan. 2023, 11,00 €, 350 Stück ISBN 978-3-927313-88-0, Arzberger Verlag |
Alle Bröschüren sind im Fahrzeugmuseum Chemnitz, Zwickauer Straße 77, 09112 Chemnitz, oder in der Buchhandlung "SeitenWeise" in Rehau, Bahnhofstr. erhältlich.
Weitere Veröffentlichungen zum Thema:
Sparnecker Historische Hefte Nr. 7/2014: "Aus dem Kriegstagebuch von Karl Slevogt" von Prof. Dr. Reinhardt Schmalz (zum Lesen anklicken), vergriffen
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Ausbildung 1876 - 1899 |
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Forsthaus Sparneck (Foto Reinhardt Schmalz) |
Elternhaus:
Karl Slevogt (auch "Carl" geschrieben) wurde am am 29.12.1876 in Sparneck als erstes von sechs Kindern des örtlichen Forstmeisters Franz Slevogt aus Zeyern und seiner
aus Weißenstadt stammenden Gattin Henriette, geb. Goller, im Forsthaus daselbst geboren.
Am renovierten Forsthaus ließ die "historische Runde Sparneck" am 9.Sept. 2012 eine Gedenktafel zu Ehren von Karl Slevogt anbringen.
Nach der geplanten Renovierung vom Schloß Sparneck will man Räume zur Ausstellung der Sparnecker Geschichte nutzen unter besonderer Würdigung von Karl Slevogt
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Schule:
Nach einigen Jahren in der Volksschule Sparneck schickte man den hochbegabten Karl nach Jena in ein Internat, wo er die Realschule besuchte und diese mit Abschluß verließ. Hier konnte er mehr als den Wald und den Waldstein kennenzulernen und die Basis für seine weitere Ausbildung legen.
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Thomas Netzsch |
Praktikum:
In Selb gründeten 1873 die Brüder Thomas und Christian Netzsch 1873 eine Maschinenbau-Firma, wo zunächst Landwirtschaftliche Geräte und Feuerspritzen gebaut wurden. Um 1890 stellten die Gebr. Netsch die Maschinenfabrik mit großen Erfolgen auf die Fertigung von Spezialmaschinen für die aufkommende Porzellan-Industrie um. Hier begann am 7.Mai 1894 Karl Slevogt ein einjähriges Werkstatt-Praktikum und lernte damit die damals modernste Fertigungs-Technologie kennen.
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Karl-Georg-Weitzel-Bau |
Studium:
Das "Technicum Mittweida" wurde am 7.Mai 1867 von Karl Georg Weitzel gegründet und entwickelte sich bis zur Jahrhundertwende zu einer der größten privaten Lehreinrichtungen in Deutschland. Schon 1874 unterrichtete man 230 Studenten im "Karl-Georg-Weitzel-Bau", ergänzt 1884 durch Laboratorien für Elektrotechnik, Physik, Machinenbau, eine praxisgerechte Ingenieurausbildung war das angestrebte Ziel. 1892 übernimmt Alfred Udo Holzt die Leitung des Technikums.
Hier beginnt Karl Slevogt im Mai 1895 sein Studium, das er nach 2 1/2 Jahren im Frühjahr 1898 mit dem Diplom als Maschineningenieur abschließt.
Bis in die Reihe der "berühmten Absolventen" hat es Karl Slevogt bislang nicht geschafft, aber in der Ausstellung 2003-2013 im Bürgerzentum Mittweida und der Broschüre "Mittweidas Ingenieure in aller Welt" ist er gut vertreten, siehe die Ausschnitte aus der Broschüre rechts (zum Zoomen). Die Unterlagen befinden sich im Hochschularchiv. |
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Leopold-Kaserne Bayreuth |
Militärdienst:
Bis zum Herbst 1899 leistete Karl Slevogt den Militärdienst als "einjährig-Freiwilliger" beim Königlich Bayerischen 7. Infanterie-Regiment "Prinz Leopold" in Bayreuth.
Danach begann der junge Ingenieur seine Laufbahn in der Industrie. |
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Cudell 1899-1900 |
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Klugerweise begann Max Cudell 1898 den Automobilbau als Cudell Motor Compagnie in Aachen mit Lizenzen von De Dion für Motore und Fahrzeuge.
Schon sehr bald wurden vielfältige Verstärkungen und Veränderungen eingebaut, welche die Fahrzeuge deutlich robuster und brauchbarer machten. Der junge Karl Slevogt wird am 15.Oktober 1899 als Techniker bei Cudell eingestellt und lernt ungemein viel von der DeDion-Technik. Nach und nach flossen immer mehr eigene Weiterentwicklungen und Verbesserungen in die Fahrzeuge ein.
Diese Fahrzeuge ließen sich gut verkaufen, so daß Cudell seine Erzeugnisse auch außerhalb des Lizenzgebietes anbot und verkaufte, z.B. in österreich und in England, wo De Dion eigene Niederlassungen und Verkaufsstellen unterhielt.
Dies gipfelte in unschönen, z.T. öffentlich ausgetragenen Patentstreitigkeiten.
Die auf DeDion-Patenten basierenden und von Cudell gefertigten Motore wurden auch an STOEWER verkauft, Emil und Bernhard Stoewer begründeten damit die eigene Automobil-Produktion. Auch Leutner in Riga fertigte Cudell-Fahrzeuge in Lizenz (siehe Maurice A. Kelly "Russian Motor Vehicles: The Czarist Period 1784 to 1917")
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Cudell Dreirad und Motor 1899 |
Cudell Werbung ÖTZ Nr. 7/1900 |
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Scheibler 1900 - 1901 |
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Wilhelm (Willi) Seck (1868–1955) studierte Maschinenbau an der TH Darmstadt. In den Werkstätten des Vaters, der "Mühlenbau-Anstalt vorm. Gebr. Seck" in Oberursel (Taunus), konstruierte der junge Ingenieur 1891 seinen ersten Petroleum-Motor mit Spritzvergaser, den er "GNOM" nannte. Für uns ein gewaltiger Eisenhaufen, war der Motor seinerzeit ungemein klein und leistungsfähig. 1892 wird die Fa. "Willy Seck & Co." gegründet und der GNOM-Motor mit großem Erfolg gefertigt.
1896 konstruierte Seck seinen ersten Wagen mit Reibradgetriebe und wollte mit der Fabrikation in der "Motorenfabrik" beginnen, die Gesellschafter wollten indes keinen Automobilbau, weshalb Seck 1897 die Firma verließ und seinen ersten dt. gebrauchsfähigen Reibradwagen im selben Jahr mit Hilfe der Fa. Gebr. Seck in Dresden fertigstellte.
(Aus dem Betrieb in Oberursel entstanden Gnome-Rhone und Horex - aber das ist eine andere Geschichte).
Fritz Scheibler (1845–1921) besaß eine Maschinenfabrik in Aachen und stellte unter Anderem stationäre Motoren her. W.Seck wollte seine Patente verwerten, Scheibler sein Produktionsprogramm erweitern und so konnte man 1899 die ersten Fahrzeuge mit Zweizylinder-Motor herstellen und ab 1900 mit dem Vertrieb beginnen. Hier begegen wir erstmals dem Querstrom-Verbrennungsraum mit Ein- und Auslassventilen an den gegenüberliegenden Motorseiten - eine Voraussetzung für Hochleistungsmotore.
Zugleich präsentierte Willi Seck 1900 seine neue, mit Hilfe von Robert Bosch (1861–1942) entwickelte Hochspannungsmagnetzündung. Ein Gebrauchsmuster auf die Zündverstellung trat er an Bosch ab.
Auf der 1. Deutschen Motorwagen-Ausstellung 1900 in Frankfurt/M. konnten Seck und Scheibler ihnen 10 PS-Zweizylinder-Wagen so erfolgreich vorstellen, daß gleichzeitig sieben Firmen mit dem Bau solcher Reibradwagen begannen.
Hier wird Karl Slevogt im September 1900 als Konstrukteur eingestellt, als Willi Seck bereits an einem Vierzylinder-Reihenmotor konstruiert, natürlich mit dem bewähren T-Zylinderkopf. Was genau Slevogt hier konstruiert hat, wird wohl ewig unbekannt bleiben - es konnten keinerlei Aufzeichnungen gefunden werden.
Die Fa. Scheibler verfügt damals über die modernste Fertigungs-Technologie im Maschinenbau (siehe: Polytechnisches Journal, Band 310, S.123) und man kann Gleichteile mit bislang ungekannter Präzision herstellen.
Die Scheibler-Motorwagen besaßen einen wassergekühlten Zweizylinder-Boxermotor mit Friktionsantrieb, Motor und Kühler waren bereits vorn angeordnet. Scheibler's Personenwagen wurden großteils nach England exportiert, gleichzeitig begann man mit dem Nutzfahrzeug-Bau, der zum Haupt-Produktionszweig wurde und schließlich in Mannesmann-Mulag aufging.
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Cudell 1902-1905 |
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Chef-Konstrukteur Paul Henze hatte die Cudell Motor Compagnie verlassen, dennoch muß Max Cudell die Patentstreitigkeiten mit De Dion unbedingt durch eigenen Konstruktionen beenden.
Dazu wird Karl Slevogt am 8.Dezember 1901 bei Cudell als Chefkonstrukteur eingestellt und beginnt mit den ersten Eigenentwicklungen. Unter Federführung des jungen Karl Slevogt wurden neue Fahrgestelle und Hochleistungsmotore entwickelt, so
erschien 1904 als erste eigene Entwicklung unter der Leitung von Karl Slevogt der 16/20 PS mit Vierzylindermotor und 2.554 cm³ Hubraum, 1905 folgte der Phönix 35/40 PS mit 6.100 cm³ Hubraum und 45 PS Leistung. Gleichzeitig werden auch die DeDion-Lizenzfahrzeuge weiter gefertigt und vertrieben, noch weiter verbessert und modifiziert.
Die von Slevogt neu entwickelten Fahrzeuge waren ihrer Zeit weit voraus und hatten u.a. 5-fach gelagerte Kurbelwelle und hängende Ventile (OHV). Der Konstrukteur Paul Henze war ab 193 bei Cudell als Einfahrer und in der Qualitätskontrolle beschäftigt.
Die Fahrzeuge wurden in Lizenz bei Dansk Automobil & Cyclefabrik in Kopenhagen-DK, bei Phoenix Podvinecz & Heisler in Budapest-H und bei "Rossija" (Alexander Leutner & Co.) in Riga-RU gefertigt, was für die Innovation und Qualität der Konstruktion spricht.
In dem "Phoenix" Hochleistungswagen, den da Karl Slevogt für Cudell konstruiert hatte, waren die letzen Erfahrungen und technischen Erkenntnisse der damaligen Zeit vereinigt worden - er war die Sensation der Berliner Automobil-Ausstellung 1905.
Allerdings hatten Entwicklung und Versuche mehr Geld verschlungen, als das Werk aufbringen konnte. Dazu kam ein Großbrand, der in Juni 1904 Werkstatt, Teilelager und Fahrzeuge vernichtete. Diese Umstände führten zum Konkurs von Cudell 1905, die Fertigung wurde bis 1907 fortgeführt. Die Fa. Cudell Motoren in Berlin blieb davon unberührt und fertigte noch lange Vergaser, Motore für alle Zwecke und sogar Automobile im Auftrag.
Mit dem "Phönix"-Vorläufer besuchte Karl Slevogt seinen Heimatort Sparneck, um unter Anderem den großen Waldstein zu bezwingen. Karl Dietel schreibt im Siebenstern Nummer 7/1977:
Am 20. April 1904 fuhr das erste Auto auf den Waldstein. Am Steuer saß Karl Slevogt, der älteste Sohn des damaligen Sparnecker Forstmeisters Franz Slevogt und zu jener Zeit "erster Konstrukteur" und technischer Leiter bei der Firma Cudell Motorkompagnie, Aachen, sowie später Automobil-Konstruktionsmeister bei der Firma Laurin & Clement (heute Skoda). Slevogt hatte das Automobil selbst konstruiert. Zur ersten Autofahrt auf den Berg im Fichtelgebirge nahm er neben hübschen Mädchen (Jenny Feuchter und Marie Slevogt) auch seinen Vater (hinten links) sowie Mechaniker Mertens mit. In dem Zeitungstext, der am 21. April 1904 erschien, heißt es dazu: "Gestern hat ein Motorwagen der Firma Cudell Motorkompagnie Aachen als erstes Kraftfahrzeug die Höhe des Waldsteins im Fichtelgebirge erreicht. Der Schmutz war allerdings derartig, dass beim Heimwege über Weißenstadt der Wagen stecken blieb und buchstäblich aus dem Schmutze herausgeschaufelt werden musste."
Damit hatte Sparneck einen großen Tag und in Karl Slevogt war die Rennleidenschaft entfacht und er entwickelt sich zu einem großen Bergfahrer.
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Cudell Werbung AAZ Mai 1903 |
Berlin Herbstrennen 1903 |
Cudell Werbung AAZ April 1905 |
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Spyker 1906 |
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Karl Slevogt war von August 1905 bis März 1906 bei Spyker in Amsterdam als Leiter des technischen Einkaufs beschäftigt. sein. In dieser Zeit ist er auch mit dem Konstrukteur Edmund Rumpler (de.wikipedia.org/wiki/Edmund_Rumpler) zusammengetroffen, der August 1905 bis August 1906 bei Spyker tätig war.
Bei Spyker wurden ab 1902 schon 4-Zylinder-Motore gefertigt, ab 1903 auch Sechzylinder-Motore. Auch das Erste Automobil mit Vierrad-Bremse und das erste Automobil mit Allrad-Antrieb wurde bei Spyker entwickelt und hergestellt. Slevogt konnte seine Wissensbasis hier beträchtlich erweitern.
Wim Oude Weernink hat das Buch "SPYKER - made in Holland" verfaßt, das Werk ist nur noch antiquarisch erhältlich. Alle Versuche, Informationen von Wim Oude Weernink zu erlangen, verliefen im Sande. Weitere Informatonen über die Tätigkeit Slevogt's bei Spyker konnte ich nicht auffinden.
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Wer genaue Informationen sucht: |
Spyker |
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Laurin & Klement 1906-1907 |
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Laurin und Klement |
Karl Slevogt trat zum 1.April 1906 als Chefkonstrukteur bei der Firma Laurin & Klement in Jungbunzlau / Böhmen (heute Mladá Boleslav in Tschechien) ein. Zu diesem Zeitpunkt verfügte L&K über luftgekühlte Ein- und Zweizylinder-V-Motore, eingebaut in Motorrädern und Voiturette "A", recht solide, aber nicht mehr ausbaufähig. Laut einem Bericht der AAZ vom 20.Mai 1906 wurde Karl Slevogt eingeladen, auf einer luftgekühlten 2-Zyl.-V-Motor Laurin & Klement Voiturette an der Konkurrenz-Fahrt Wien-Graz-Wien teilzunehmen. Karl Slevogt wird dann sofort eingestellt und verbessert zunächst Leistung und Zuverlässigkeit der vorhandenen Motoren. Gleichzeitig arbeitet Karl Slevogt an einer neue Motoren-Generation: Reihen-Motor wassergekühlt, 2 und 4 Zylinder, L-Kopf in Standard- und T-Kopf ins Sportversion um die veraltete Motoren-Baureihe zu ersetzen. Mit der neu motorisierten Laurin & Klement Voiturette "B" (die sich äußerlich nicht von der "A"-Type unterscheidet) siegt er überlegen unter Anderem beim Semmering-Bergrennen 1906.
Im Februar 1907 erscheint das Hauptwerk Slevogt's bei Laurin & Klement, die Konstruktion des 4-Zylinder-Blockmotors, 84*110mm, 16PS, für den Laurin & Klement Typ "F" (Bild links oben), dieser Motor zeigt ganz eindeutig die "Handschrift" Slevogts, als Typ "FC" mit hängenden Ventilen und zunächst 35 PS wird man dem Motor bis über 50 PS entlocken. Die Baureihe "F" wird zu dem Erfolgsmodell der Firma. In 1907 verband Slevogt zwei Typ-F Vierzylinder-Motore zum weltweit ersten 8-Zylinder-Motor. Im Typ "K" (Bild rechts), vorgestellt auf der Automobilausstellung in Paris und Berlin, leistete dieser Motor 45 PS. In der "offiziellen" Skoda-Geschichtsschreibung hat man mittlerweile die Bedeutung von Karl Slevogt erkannt, so wird der Typ "F" groß herausgestellt und der Name des Schöpfers, Karl Slevogt, nicht mehr verschwiegen. Der "Guide" zum Skoda-Museum passt dazu - da hat man wohl bei VW gelernt.
Mit dem neuen Vierzylinder-Wagen Typ FC, dessen Fahrwerk er ebenfalls neu konstruiert hat, baut Slevogt im Mai 1907 am Semmering einen Unfall mit Totalschaden, den er nur mit viel Glück unbeschadet überlebt, im September stellt er mit dem gleichen Fahrzeug beim Semmering-Rennen einen neuen Rekord auf. Slevogt verläßt gezwungenermassen L&K am 26.Oktober 1907 und Otto Hieronymus übernimmt im Oktober 1907 das Konstruktionsbüro.
Jedenfalls annektiert L&K das konstruktive Vermächtnis von Slevogt, dessen Name abrupt aus den Starterlisten und Werbeplakaten verschwindet, andere Fahrer gewinnen fast alle Rennen 1907 und 1908, der Prinz-Heinrich-Wagen 1909 besitzt den Slevogt-FC-Motor, sogar bis 1912 werden damit Rennen gewonnen, L&K wirbt heftigst mit den Fahrzeugen und der Siegesserie, welche man dem verstoßenen Slevogt verdankt.
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Slevogt mit Laurin&Klement Voiturette Fahrt Wien-Graz-Wien 1906 |
Slevogt auf Laurin&Klement Voiturette als Sieger am Semmering 1906 |
Slevogt auf Laurin&Klement 4-Zylinder am Start und nach dem Unfall am Semmering 1907 |
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Johann Puch AG 1907-1910 |
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Johann Puch |
Johann Puch begann 1899 mit der Fertigung der "Styria"-Fahrräder in Graz, 1903 wurde die Herstellung von Motorrädern aufgenommen, 1906 erschien das erste Puch-Automobil. Puch stand immer etwas im Schatten von Laurin & Klement, hatte aber modernere Fahrzeuge und Konstruktionen (Motor als tragendes Motorrad-Rahmenteil z.B.).
Ein Großbrand vernichtete 1907 große Teile des Werkes, der Fertigungseinrichtung und der dort lagernden Produkte. So konnte Karl Slevogt, der als Konstrukteur und technischer Direktor ab 1.November 1907 bei Puch beschäftigt war, praktisch bei Null beginnen.
Nach dem Brand im Grazer Puch-Werk kann Slevogt "aus dem Vollen" schöpfen und konstruiert neben einem Vierzylinder-OHC-Rennmotor (obenliegende Nockenwelle, hängende Ventile, Halbkugel-Brennraum, 86mm Bohrung, über 4l Hubraum und 70 PS) auch eine Gebrauchsmotoren-Reihe mit 14, 22 und 32 PS und die passenden Fahrzeuge hierfür, auch einen Rennwagen für die "Prinz-Heinrich-Fahrt" 1909. Die "Neuheiten" zu beschreiben, würde den Rahmen sprengen - Scheibenkupplung, verstellbare Pedale, Schnellwechsel-Zündung, geschliffene einteilige Nockenwellen seien hier beispielhaft erwähnt.
Slevogt startet gelegentlich 1908, aber im der Automobil-Rennsport 1909 mischt er voll auf. Das erste "Comeback" auf Puch am Riesberg endet mit einem 3.Platz, die schnellsten Puch-Fahrer stürzen - Johann Puch, selbst Rennfahrer, nimmt das mit Fassung.
Neben den nebenfalls neu konstruierten Gebrauchsautomobilen hatte Slevogt auch einige Spezial-Typen für den Renneinsatz entwicklelt um u.a. bei der Prinz-Heinrich-Fahrt 1909
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Slevogt Riesberg-Rennen 1909 |
Slevogt Prinz-Heinrich-Fahrt 1909 |
Slevogt am Schöckl 1909 |
Slevogt auf dem Schöckl |
teilzunehmen, Hochleistungs-Fahrzeuge von beeindruckender Schnelligkeit und Zuverlässigkeit. Bei der Prüfung in Guben erreicht Slevogt 110 km/h Spitzengeschwindigkeit - nur 4 der 103 Teilmehmer sind schneller. Leider endet die P-H-Fahrt nicht mit dem gewünschten Ergebnis - wäre Karl Slevogt nicht wegen der Reparatur einer gebrochenen Schaltkulisse aus der Wertung genommen worden, dann hätte er die Fahrt 1909 gewonnen.
Bevor Slevogt mit dem Puch auf Rekordjagd geht, verschreckt er die Bergsteiger am Pleschkogel und am Schöckl, als er dort unerwartet mit einem Puch-Automobil auftaucht.
Die AAZ berichtet über die Fahrt von Karl Slevogt auf den 1446 m hohen Schöckl (einem der Hausberge von Graz): "Die von Ing. Slevogt mit einem Puch 4-Zylinder-Wagen 18/22 HP (HP = Horse Power = PS) unternommene Schöckl-Bergfahrt stellt eine bisher unerreichte Gewaltleistung dar. Auf lehmigen durchweichten Hohlwegen über Felsgeröll, Gestrüpp, Wurzeln etc. kaum Platz für die Räder, die mit schweren Fuhrketten umwickelt waren, nahm der Wagen die gewaltige Höhe als erstes selbstbewegliches Fahrzeug, das am Schöckl gesehen wurde.".
Zu den Orginal-Berichten der Schöckl- und Peschkogel-Fahrt.
Berichte und Fotos von der Rekordfahrt, von der Fahrt auf den Schöckel und vom Semmerring-Rennen 1909 finden sich auch im Buch "Puch-Automobile" von Friedrich F. Ehn, erschienen im Weißhaupt-Verlag Graz, Seite 37 bis 42.
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Ferdinand Lanner am Steuer des Puch-Rekordwagens 1909,stehend Johann Puch (n.f.G. Ferdinand Lanner) |
Basierend auf den Erfahrungen der Prinz-Heinrich-Fahrt wird der Hub des Rennmotors auf 168mm gekürzt zugunsten von höheren Drehzahlen, das ergab einen Hubraum von 3992 ccm und dennoch weit mehr Leistung.
Bei einer Rekordfahrt 1909 auf der Landasch-Allee erreicht der PUCH-Wagen unter Karl Slevogt 130,4 km/h, er stellt damit den österreichischen Rekord für Automobile bis 4l Hubraum auf. Dieser Rekord wird etliche Jahre lange nicht gebrochen. Hier der Orginal-Bericht über die Rekordfahrt.
Mit diesem "kleinen" Typ erreichte Slevogt auch den Klassensieg mit 122 km/h bei dem Kilometer-Rennen in Frankfurt 1909.
1909 wird er mit dem Puch 4-Liter Zweiter der Klasse beim Bergrennen am Semmerring, ebenso wie Wolf auf den 2l-Puch in seiner Klasse.
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Slevogt im Puch-Rekordwagen |
Empfindungen |
Slevogt Rennen Frankfurt 1909 |
Semmerring-Bergrennen 1909 |
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Wie es Karl Slevogt geschafft hat, bei all den Entwicklungen und Renneinsätzen auch noch die Grazerin Maria-Josepha Engelbrecht, seine künftige Ehefrau, kennenzulernen, das ist leider nicht überliefert.
Johann Puch favorisiert immer mehr "Standard-Typen", d.h. Fahrzeuge, welche dem Stand der Technik entsprachen und sich gut und mit Gewinn verkaufen lassen. Für den rennbegeisterten Slevogt war kein Bleiben auf Dauer bei Puch möglich, er verläßt das Werk im November 1910. Danach wurde es stiller um Puch im Rennsport, der Werks-Rennsport und die Sportwagen-Entwicklung werden 1911 eingestellt. Die 4-Liter-Motore und Puch-Fahrzeuge, konstruiert von Karl Slevogt, wurden von Privatiers noch bis 1912 erfolgreich bei Rennen eingesetzt, z.B. beim Ries-Bergrennen 1911.
Noch viele Jahre warb PUCH mit diesen Sporterfolgen in der Allgemeine Automobil-Zeitung.
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EINSCHUB: Piccolo und M.A.F. |
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Zum besseren Verständnis der im nächsten Kapitel dargestellten Geschichte der Apollo-Werke und dem dortigen Wirken von Karl Slevogt ist es unerläßlich, auch die Vorgeschichte des Werkes "Ruppe&Sohn" mit den Piccolo-Fahrzeugen und die Produkte der von Hugo Ruppe 1908 gegründeten Firma M.A.F. (Markranstädter Automobil Fabrik) zu kennen. Daher finden Sie hier einr Kurzfassung zu beiden Themenbereichen. |
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APOLLO 1910-1924 |
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Die Firma Ruppe&Sohn wurde 1854 als Eisengießerei und Maschinenfabrik in Apolda gegründet. Seit 1904 wurden auch leichte Wagen mit luftgekühlten Motoren hergestellt und unter dem Markennamen "Piccolo" vertrieben. 1907 schied Hugo Ruppe aus und gründete "MAF", ab 1919 entwickelte er bei DKW in Zschopau seinen bekannten Spielzeugmotor "Des Knaben Wunsch" und den Fahrradhilfsmotor "Das Kleine Wunder".
1908 wurde das Werk in eine AG mit dem Namem Apollo umgewandelt, 1910 Karl Slevogt zum technischen Direktor berufen. Die Piccolo-Wagen wurden noch bis 1912 gefertigt.
Am 19. April 1910 nahm er die Arbeit auf und bezog in der Reichstr. 7, Apolda eine Wohnung. Er blieb über ein Jahrzehnt in der Stadt der Automobilproduktion.
Nach der Eheschließung in Bayreuth am 6.Juli 1911 zieht er mit seiner Frau Maria-Josepha, geb. Engelbrecht, in eine Wohnung in der Bahnhofstraße 53 im Stadtzentrum und nahe bei den Apollo-Werken gelegen. Hier wurden auch seine drei Kinder geboren, Sohn Karl Eugen am 9.Mai 1912, Tochter Edith Maria Henrietta am 8.Juni 1915 und sein Sohn Friedrich Marquard am 6.März 1918.
Im September 1913 wurde Karl Slevogt wurde zum technischen Direktor in die Betriebsdirektion von Apollo berufen. Für den Direktor wurde ab 1921 eine Villa in der Böhmestr. 20 (heute Moskauer Str.) gebaut, welche die Familie Slevogt nach der Fertigstellung 1923 bezog.
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Arthur Ruppe mit Piccolo 6/16PS, dahinter Slevogt mit Apollo 4/12PS |
Slevogt, der schon 1910 zu den erfahrensten deutschen Automobilkonstrukteuren zählte, hat durch sein Wirken bei Apollo das Ansehen dieses kleinen Werkes in die vorderste Front deutscher Automobilproduzenten gebracht. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Ingenieur, sondern auch als Renn- und Sportwagenfahrer anerkannt und führte die von ihm geschaffenen Fahrzeuge immer wieder zu Siegen.
Neben einer Anzahl von Gebrauchswagen-Typen von 1,0 bis 3,5 l und bis zu 40 PS, mit welchen die Fa. Apollo einen steilen Anstieg nahm,
(gegenüber dem Vorjahr stieg der Absatz 1911 um 66%, 1912 konnte der Verkauf sogar um 86% gegen´ber 1911 gesteigert werden) schuf Slevogt einen 1-Liter-Hochleistungs-Sportwagen "B", welcher von 1910 bis 1914 dem Bugatti Typ 13 Paroli bieten konnte und eine einmalige Position im Rennsport einnahm. Der deutlich konventionellere 2-Liter-Sportwagen ("F"), auch als "Rekord" bezeichnet, wurde u.a. für die Zuverlässigkeitsfahrten gebaut, die immer öfter für "4-sitzige Tourenwagen" ausgeschrieben wurden - hier war Apollo anfangs nicht ganz so erfolgreich.
Der Direktor Slevogt war viel mehr im der Produktion, am Motorprüfstand und in der Rennabteilung zu finden denn in seinem Büro. Er studierte die Fertigung, ersann Rationalisierung und Verbesserungen und wurde von der Belegschaft ungemein geachtet.
Der Apollo "B" hatte einen (für die damalige Zeit) kurzhubigen 4-Zylinder-Blockmotor 995 ccm mit hängenden Ventilen (OHV) ohne abnehmbaren Zylinderkopf, damals nur bei "Spezial-Renn-Typen" zu finden, leistete serienmäßig 10-12 PS bei 1800/min, im Renntrim 17-25PS bei 2500/min, Viergang-Getriebe mit Mittelschaltung, Halbelliptik-Federn vorn und hinten, tiefgekröpfter Rahmen mit nach hinten versetzem Motor zur besseren Gewichtsverteilung, Höchstgeschwindigkeit mit 2-sitziger Serienkarosserie ca. 75km/h.
Baron A. de Viscaya in Jägerhof bei Molsheim, geboren in Bilbao, Direktor der Darmstädter Bank in Straßburg und Finanzier von Bugatti, übernahm 1911 den Vertrieb von Apollo-Fahrzeugen im Elsaß. In den jahren 1911 bis 1913 errang Baron Viscaya, der sowohl Apollo- als auch Bugatti-Wagen fuhr,
eine große Zahl von Erfolgen auf Apollo-Fahrzeugen, der "kleine" Bugatti 13 war chancenlos gegen den Apollo-Sportwagen (siehe auch Abschnitt "Motorsport-Erfolge der Apollo-Fahrzeuge"). Seine Söhne
Pierre and Fernand fuhren nach dem Krieg für Bugatti. 1913 war das erfolgreichste Jahr für Selevogt und Apollo - sowohl sportlich als auch finanziell. Dennoch - der weste Weltkreig warf seine Schatten voraus, der Absatz brach ein und die Rennerei mußte eingeschränkt werden.
Juni 1914 bis Oktober 1918: der 1.Weltkrieg
Während des 1.Weltkreiges fertigte man bei Apollo Teile für den ersten deutschen Panzer "A7V", an dessen Entwicklung Slevogt ebenfalls mitarbeitete.
Apollo fertigte in den Kriegsjahren Lieferwagen, leichte LKW, Motore, Spezialfahrzeuge für Ordinanz- und Sanitätsdienst und auch Motorboot-Anlagen.
Wirtschaftlich überlebte das Werk mit dem Bau von Klein-Lastwagen, welche weltweit einen guten Absatz fanden, z.B. auch in der Türkei.
Dafür überrascht Karl Slevogt 1915 mit der "Fahrwalze", einer Hilfskonstruktion, welche den damals noch unbekannten Allrad-Antrieb ersetzen sollte. Die damaligen, schweren und schmal bereiften Fahrzeuge beim Kriegseinsatz versanken gar oft in den üblichen Matschstraßen. Für den vollständigen Bericht bitte das Bild ider den Link unten anklicken.
Apollo stellt - anders als andere Hersteller wie Mercedes, Stoewer usw. - die Werbung während der Kriegsjahre vollständig ein.
Nach dem ersten Weltkrieg war bei Apollo kein Geld für irgendwelche Neuentwicklingen vorhanden, also machte sich Slevogt daran, seine 10 Jahre alte Konstruktionen des Apollo "B" und "F" zu modernisieren. Das Fahrgestell erhielt vorn eine "Schwingachse", d.h. eine Einzelradaufhängung mit Querblattfeder und Dämpfern und war damit aller Konkurrenz um Jahrzehnte voraus.
Ein Tester der "Allgemeine Automobil-Zeitung" schreibt 1924: "In Apolda befuhr ich mit Direktor Heinsius zu zweit, bald vorne, bald hinten sitzend, einen Feldweg von sehr verschiedener Beschaffenheit in der nächsten Nähe der Apollo-Werke.
Und zwar absichtlich nur zu zweit, weil eine auf vier Personen abgestimmte Federung unter leichter Belastung erst recht unruhig wirken muß. In der ganzen Länge des befahrenen Feldweges verlief rechts eine tiefe Mulde,
mit rechtsseitiger, tiefer und scharfkantiger Böschung. Und diese tiefe Mulde wurde in beständiger Bogenfahrt unter großem Winkel vielfach traversiert, ohne daß mein Körper hochgeschnellt wurde. Wir fuhren dann auf der Strecke nach Jena die aus Apolda hinausführende Steigung hinauf mit dem dritten Gang, wobei das Tachometer nahezu beständig 70 km/h anzeigte."
Am 22. 5. 1921 fuhr Slevogt auf A. Opels hauseigener Rennstrecke erstmals einen mit einer quer einstellbaren Schwingachse ausgerüsteten Wagen. Der 1000ccm-Motor des Typ B wurde auf offizielle 20 PS gebracht - in "Sportversion" bei der Nenndrehzahl von 5000/min dürfte die Leistung eher um 35PS gelegen haben bei einer Höchstgeschwindigkeit von über 100km/h. Aus dem Typ F wurde ein 2,6Liter-Modell mit 40, im Sportwagen 50PS leistend.
Mit Apollo wurden wieder Rennen gefahren und gewonnen, leider wirde versäimt, die Erfolge werbemäßig auszuwerten, nach 1918 finden sich kaum noch Werbeanzeigen von Apollo - dies in den geldklammen Nachkriegsjahren - der wirtschaftliche Aufschwung bei Apollo ließ auf sich warten.
1922 nahm Slevogt Kontakt zu Paul Jaray auf und erteilte 1923 den Auftrag zur Entwicklung einer Stromlinen-Karosserie zur Serienfertigung für den Apollo 4/20PS und von 1924 bis 1928 konnte man den Wagen serienmäßig auch mit Jaray-Karosserie für 8500 Mark erwerben. Daß dieser Ausführung kein sonderlicher geschäftlicher Erfolg beschieden war, lag nicht nur an dem recht gewöhnungsbedürftigen "Design",
sondern auch daran, daß es keine Straßen für die schnellen (bis 130km/h) Automobile gab. Das änderte sich erst mit dem Autobahnbau, vorher mußte man sich auf den bestenfalls geschotterten Straßen mit 30-60 km/h begnügen. Infolge Straßenlage durch die super-moderne Achskonstruktion konnte Slevogt bei Rennen ordentlich abräumen, sein blaues Apollo-Rennauto war bei der Konkurrenz gefürchtet, mit dem er nach Aussage anderer Rennteilnehmer "unheimlich abhaute".
Karl Slevogt versuchte sich 1921 an einem großen 12/45 PS Wagen mit Achtzylinder-V-Motor, das Chassis wies eine Vierrad-Bremse auf - es blieb beim Prototyp. Wäre der Wagen in Serie gegangen, so wäre das der erste deutsche Serien-8-Zylinder-Motor gewesen.
Ein Motorrad wurde serienreif entwickelt und durfte auf Veto des Aufsichtsrates nicht produziert werden.
Auch auf der Berliner Avus war war Karl Slevogt bei den "Kleinwagen-Rennen" vertreten.
Dort errang er 1923 z.B. beim Klein- autorennen einen 2. Preis, obwohl während des Rennens unter ihm der Sitz zerbrochen war. Aufsehen erregte er dort auch 1924, als er sich erstmals am einem Rennen, mit einem von ihm nach der Lizenz von Jaray gebauten Strom- linienwagen beteiligte (die "Kleinwagenrennen" 1923-1925 werden in der Avus-Geschichtschreibung als "unwichtig" abgetan) . Die Konstruktionsunterlagen von Paul Jaray finden sich in der ETH-Bibliothek Zürich (siehe rechts) wo ich leider nicht ran komme.
Natürlich baute Apollo auch brave Gebrauchswagen, den kleinen Apollo 4/14PS und den großen Typ "R" 10/40PS, aber mangels Werbung stagnierte der Absatz. Zusätzlich hatte man sich bei Apollo mit der übernahme von MAF in 1921 finanziell verhoben, das MAF-Werk kam nie aus den roten Zahlen heraus.
Die Forschungen von Karl Slevogt (man versuchte sich an Alu-Zylinderköpfen und Motorblöcken) und seine Rennbegeisterung kosteten viel Geld und führten zu Zerwürfnissen mit der Geschäftsleitung. Die Verkaufsstockungen mangels Werbung zwangen Slevogt immer mehr Einschränkungen auf, er durfte nur noch an "billigen" Rennen teilnehmen und mußte weite Anfahrtswege in Kauf nehmen. Daher ist es kein Wunder, daß der dem Ruf zu Selve nach Hameln folgte - im November 1924 verließ Karl Slevogt die Apollo-Werke.
Zuletzt fertigte man bei Apollo den 5/25PS, der nach 1926 mit einem Steudel-Motor als 6/24 geliefert wurde.
Die Fertigung bei Apollo wurde 1926 eingestellt. 1928 wurde der allerletzte Apollo gebaut, 1932 wurde das Konkursverfahren eröffnet.
Wie schon vor dem Krieg, vermochte man die Leistungen der Apollo-Fahrzeuge nicht in Verkauf und Gewinn umzusetzen. So kann man in den Automobil-Zeitschriften jener Jahre lange vergeblich nach einer Apollo-Werbung suchen, wo andere Werke auch kleinste Erfolge in ganzseitiger Reklame präsentierten.
Rückblickend muß man sagen: bei Apollo hat man sich beim "Verkaufen" der eigenen Leistungen geradezu unglaublich Dumm angestellt.
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SELVE 1924-1928 |
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Walther von Selve |
Die Selve Automobilwerke GmbH (ab 1922: AG) war ein deutscher Automobilhersteller, der 1919 entstand, als der Industrielle Dr.-Ing. e. h. Walther von Selve die Norddeutschen Automobilwerke in Hameln kaufte.
Der technischen Direktor Ernst Lehmann hatte bei Selve gerade den Sportwagen SL40 mit 2l-Vierzylindermotor entwickelt, als er damit 1924 beim Training zum Rennen in der Senne tödlich verunfallte. Darum wurde Karl Slevogt 1924 zum neuen technischer Direktor bei Selve berufen und trat am 10.Oktober 1924 ein.
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Ernst Lehmann |
G. Plüschow im Selve |
Slevogt übernahm auch den SL40 und verbesserte das Fahrwerk grundlegend, überarbeitete den Motor, brachte ihn auf über 60 PS und versah den Wagen mit einer Stromlinien-Karosserie. Mit dem nun leistungsfähigen und zuverlässigen Wagen war Slevogt denkbar erfolgreich bei Bergrennen. Besonders erwähnenswert die Klausen-Rennen in der Schweiz, wo Selve ein Zweigwerk betrieb ind daher Präsenz zeigen mußte. Viele andere Fahrer (z.B. Walther, Niehenke, Czermack) errangen Soege und Plätze auf Selve. Auch der Flieger und Forscher Günther Plüschow (z.B. Siberkondor über Feuerland - auch zu Unrecht in D vergessen) pendelte mit einem SL40 zwischen Büsum und Berlin.
Am 3.Mai 1925 errang Karl Slevogt den 3.Platz beim Hainberg-Rennen (Göttingen) über 3.1 km in 3m13.6s mit einem Selve 2.1-Liter-SL40 Sportwagen, als Privatfahrer 1923 und am 2.Aug.1925 gewann Hugo Walther mit seinem Selve/3000cm³ das Sauerland-Bergrennen, Am Feldberg im Taunus war er 1926 erfolgreich.
"Die Motorenwerke von Basse&Selve in Altena, der erfindungsreiche Walther von Selve und die legendenumwobenen Konstrukteure Ernst Lehmann und nach dessen Tod (1924) Karl Slevogt sicherten einen schnell wachsenden, international fundierten Ruhm der Werke. Sie erzielten alsbald auf den Automobilausstellungen in Berlin und auf internationalen Autosalons mit ihren Fahrzeugen große Reputations- und Verkaufserfolge. Zahlreiche und bemerkenswert konstante Erfolge bei internationalen Rennereignissen krönten die Erfolgsperspektive dieser Automobilfirma im Aufwind." schreiben die Museen der Stadt Lüdenscheid auf der Selve-Homepage.
Tourenwagen der Luxusklasse, karosseriert von Autenrieth und Karmann lieferten die Karossen, Basse&Selve in Altena die Vier- und Sechszylinder-Motore, bildeten die breite Verkaufspalette.
Slevogt entwickelte auch den Geländewagen "M6", ein 3-Achsen-Allradgetriebenes Fahrzeug (Frontantrieb Voran-Patent) mit 3,1L Sechszylinder Motor, 4-Gang- und Vorgelege-Getriebe, der Motor war jedoch für den 3,3t-Koloss etwas schwach. Slevogt hatte das Problem "geländegäniger Mannschftstransportwagen" für den Militäreinsatz zufriedenstellend gelöst, nur kam der Bedarf erst 10 Jahre später ...
Qualitätsprobleme bein Motoren-Zulieferer ließen den Absatz einbrechen, die so entstandenen finanziellen Engpässe bei Selve zwangen Slevogt, die Sportwagen-Entwicklung zugunsten der Serienproduktion einzustellen. Selve wollte (wie viel zu viele) Luxus-Automobile herstellen. Dies brachte mit dem "Selve Selecta" dann 1928 das Ende von Selve, nachdem sich auch die Sechzylinder-Typen 11 und 12 immer schlechter verkauften. Walther von Selves Hamelner Automobilwerk ging 1929 unter. Eine gut gemachte Geschichts-übersicht der SELVE-Automobilwerke finden Sie in der Austro-Classic.
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Selve 11/45 1926 Sechszyl. 2850ccm 45PS |
Selve 12/50 1926 Sechszyl. 2850ccm 50PS |
Selve Selecta 1927 Sechszyl. 3075ccm 50PS |
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Karl Slevogt Ingenieurbüro Hameln
(1928-1930) |
Nachdem Karl Slevogt Selve am 15.Oktober 1927 verlassen hatte, gründete er ein Ingenieurbüro, als Sachverständiger für das Kraftfahrtwesen und freier Mitarbeiter begab er sich nie wieder in die Abkängigkeit eines Automobilherstellers. Er gründete ein kleines Ingenieurbürro mit lediglich zwei Mitarbeitern in Hameln.
Er war u.a. als technischer Berater für die Hansa-Lloyd-Werke A.G. (Leitung Geheimrat Robert Allmers, Präsident RDA) tätig, um diverse Probleme an deren Motoren beseitigen, meist ging es um den Achtzylinder-Motor.
Weiterhin befasste er sich mit der Benzineinspritzung im Stufenverfahren für Zweitaktmotoren. Wegen Patentschwierigkeiten stellt Karl Slevogt diese 'Forschungsarbeiten wieder ein. Er arbeitet auch an verbesserten Fahrwerke und Bremsanlagen.
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Karl Slevogt Kleinwagenbau (1930-1933) |
Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise und den Auftragsmangel hierdurch baute Slevogt in Eigenregie steuer- und führerscheinfreie dreirädige Kleinstwagen und
firmiert ab 1930 als "Karl Slevogt Kleinwagenbau" in Hameln. Von diesem - seiner Meinung nach - "unübertrefflich einfachen" SLEVOGT Dreiradwagen, angetrieben von einem 198-ccm-RINNE-Zweitaktmotor mit Verdampfungskühler über dem Vorderrad, konnt Slevogt aber nur ca. 25 Stück verkaufen.
Wenn auch der Konstrukteur mit einer gelungenen Fahrt auf den Brocken im Harz für dieses kleine Gefährt warb, so konnte man für den Preis von etwa 1500 RM auch einen "richtigen" Vierradwagen erwerben. (Frei nach Prof. Dr. Mathias Vogel, TH Mittweida). Anmerkung: die Firma "Rinne Motoren GmbH" war in Berlin angesiedelt und fertigte Motorräder und Einbaumotore von 1924 - 1932.
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Karl Slevogt Ingenieurbüro Würzburg (1933-1945) |
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Ende 1932 zieht die Familie Slevogt und also auch das Ingenieurbüro Slevogt von Hameln nach Würzburg um, zunächst in die Annastr. 13/1 - das genaue Umzugsdatum ist ebensowenig bekannt wie der Grund für den Umzug. Slevogts ältester Sohn studiert in Würzburg, wahrscheinlich will man Kosten sparen (Inflation).
Spätestens seit Januar 1937 lebte die Familie in Würzburg, Martin-Luther-Str. 9 - das genaue Umzugsdatum ist unbekannt. Seine Frau, Maria Josepha, genannt "Fini", geb. Engelbrecht, verstarb viel zu früh am 18.Juli 1940 und wurde in Würzburg beigesetzt. Die Familie wurde im 2. Weltkrieg daselbst am 16.März 1945 ausgebombt, dabei sind viele Fotos und Unterlagen Karl Slevogts verbrannt. Auch der Friedhof in Würzburg wurde dabei unbrauchbar.
Am 18.03.1945, also mit 69 Jahren, flüchtete er nach der Bombardierung von Würzburg nach Höchstadt a.d.Aisch in die Hauptstraße 13 siehe Ingenieurbüro Slevogt in Höchstädt). In seinen letzten Jahren arbeitete Slevogt an einem 350 ccm Kleinstwagen und an Zweitaktmotoren mit Benzin-Einspritzung.
Das "Ingenieurbüro Karl Slevogt" bestand auch weiterhin, allerdings ist nicht bekannt, ob zu dieser Zeit Mitarbeiter beschäftigt wurden. Auch ob Karl Slevogt über ein Labor oder Werkstatt in Würzburg verfügte, ist nicht bekannt. Über die Tätigkeit von Karl Slevogt im Zeitraum von 1933 bis 1942 sind praktisch keine Unterlagen aufzufinden, nur wenig Information ist gesichert.
Karl Slevogt arbeitete an Forschungsaufträgen von Industrie und Hochschulen zur Verbrauchsoptimierung bei Zweitakt-Motoren, an Einspritz-Motoren und - aus Zahlungsbelegen zu schliessen - die meiste Zeit für Daimler-Benz.
Man kann allerdings nicht feststellen, an welchen Projekten Karl Slevogt mitarbeitete, man kann nur - so Reinhard Burkart - anhand der "Stundenzettel" (d.h. der Zahlungen) überhaupt belegen, daß er für diverse Firmen gearbeitet hat. Herr Reinhard Burkart aus Hameln verfügt laut eigenen Angaben über detaillierte Belege. Das Archv von Daimler-Benz bleibt mir verschlossen, man "will" dort keine Informationen über Karl Slevogt auffinden.
Hier kann man nur Michael Graf Wolff Metternich zitieren, der 1948 den damaligen technischen Direktor von Mercedes fragte: "Warum stellen Sie Slevogt nicht ein, wo er doch Mercedes vor dem Krieg in ganz erheblichen Maße mitgestaltet hat? Kann ich nicht! Aber warum denn? Wenn ich den einstellen würde, müsste ich befürchten, dass er nach einem Jahr auf meinem Platz sitzt!" Anscheinend hat sich hier bei Daimler-Benz bis heute nichts geändert.
Jakob Werlin, ein guter Freund von Karl Slevogt ais Puch-Zeiten, der Karl Slevogt mit seiner späteren Frau bekannt machte, arbeitete nach dem 1.Weltkrieg bei Hansa-Lloyd (Siehe z.B. den Werlin-Brief 1918). Wegen seiner guten Kontakte zu Adolf Hitler wurde er 1926 Leiter der Daimler-Benz-Niederlassung in München und 1934 in den Vorstand der Daimler-Benz AG berufen.
Er wurde zu einem Vertrauten Hitlers und dessen Berater in Kraftfahrzeugfragen. Am 16. Januar 1942 ernannte ihn Hitler zum "Generalinspekteur des Führers für das Kraftfahrwesen".
Während des 2. Weltkrieges 1939-1945 abeitete Karl Slevogt (unter Anderem) ab 1942 an der Konstruktion von besonders wendigen, geländegängige LKW (Geländezug) mit Zweigelenk-Portalachsen und Vorgelege.
Diese Konstruktion weckte auch das Interesse von Adolf Hitler und der deshalb den gebürtigen Sparnecker in Würzburg aufsuchte. Draufhin erfolgten Testfahrten in Minsk und Vorführungen am Obersalzberg. Das Fahrgestell des "Unimog" ähnelt den Arbeiten von Karl Slevogt ungemein.
Die Vorführung bei Adolf Hitler am Obersalzberg wurde anhand der Tagebücher von Karl Slevogt vorab in dem (vergriffenen) Sparnecker Historischen Heft Nr. 7/2014: "Aus dem Kriegstagebuch von Karl Slevogt" von Prof. Dr. Reinhardt Schmalz veröffentlicht. Großer Dank an Prof. Dr. Reinhardt Schmalz für die digitalisierung der Tagebücher.
Ein autobiographisches Manuskript Werlins befindet sich im Archiv "Mercedes-Benz Archives & Collections", Daimler AG, Stuttgart, für mich unerreichbar.
Danach (nach 1945) arbeitete Karl Slevogt im eigenen Büro in Höchstädt und konstruierte für z.B. Hansa-Lloyd, Triumph, ZF, Bosch, Kronprinz.
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Karl Slevogt Ingenieurbüro Höchstädt
(1945-1951) |
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mit freundlicher Genehmigung Schachclub Höchstadt |
Nach dem Tode seiner Frau 1940 und der Bombennacht in Würzburg 1945 wechselte er am 18.03.1945, also mit 69 Jahren von Würzburg nach Höchstadt a.d.Aisch in die Hauptstraße 13 um dort seinen seinen Lebensabend zu verbringen.
In seinen letzten Jahren arbeitete Slevogt an Kleinstwagen und an Zweitaktmotoren mit Benzin-Einspritzung, desgleichen beschäftigte ihn die Idee eines 350 ccm Kleinwagens.
Er gründete den Schachclub "Weißer Springer" im Gasthaus "Bräustüberl" von Höchstadt mit dem Clubziel "Erlernung und übung des Schachspiels". Slevogt nahm noch bis 1951 an Schachturnieren teil, z.B. Bild rechts: Schachturnier Herzogenaurach am 31.7.1951.
Der Tod ereilte Slevogt 74jährig am 6.9.1951 bei einem Besuch in Weilheim, die letzte Ruhestätte fand er in Würzburg im Grab seiner Frau.
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Verbände, Vereine, Rennstrecken, Rennen |
Im letzten Jahrhundert war die Zugehörigkeit zu Berufsverbänden oder Vereinen von viel größerer Bedeutung, als wir es uns heute vorstellen können. Auch Karl Slevogt war in etlichen Vereinen engagiert tätig, unter Anderem:
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Verein Deutscher Ingenieure ( VDI)
1904 wurde die "Automobiltechnische Gesellschaft" (ATG) ins Leben gerufen, Karl Slevogt gehörte selbstverständlich zu den Mitgliedern der ersten Stunde. Das Aufgabengebiet wurde erweitert, 1908 wurde aus der ATG die "Automobil- und Flugtechnische Gesellschaft".
Der Anschluß der ca. 900 Mitglieder der ATG an den VDI erfolgte - mehr oder weniger freiwillig - 1934 als "Arbeitsgemeinschaft Fahrzeugtechnik im VDI".
Nach Kriegsende und Wiedergründung des VDI entstand die "Fachgruppe Fahrzeugtechnik", die über mehrere Stufen zur heute noch existierenden "VDI-Gesellschaft für Fahrzeug- und Verkehrstechnik" mutiert.
Trotz der weisen Erkenntnis, daß man die Zukunft nur bewältigen kann, wenn man die Vergangenheit kennt, hat der VDI einen Großteil seiner Vergangenheit entsorgt. Daher ist von der umfangreichen Korrespondenz Karl Slevogts mit der ATG nur wenig erhalten geblieben.
Nur der VDI Thüringen erinnert sich in einer Broschüre zum 150-Jährigen VDI-Jubiläum an das Werk von Karl Slevogt, den diesbezüglichen Ausschnitt, Seite 22, wage ich hier zu zeigen, wiewohl die "Genehmigung" des VDI hierzu recht mehrdeutig ist: |
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Allgemeiner Deutscher Automobil Club ( ADAC)
Auch der ADAC hat sich vollständig seiner Vergangenheit entledigt, bestenfalls für die letzten 5-10 Jahre sind noch Unterlagen zu finden. Rennen, Rennergebnise, Personal Träger des ADAC-Motorsport-Abzeichens - alles und jedes hat man entsorgt. Der - durchaus kritische - TV-Bericht des WDR über den ADAC schmeichelt diesem ungemein.
Wann genau Karl Slevogt dem ADAC beitrat, ist nicht mehr zu ermitteln. Bereits im März 1912 wurde Karl Slevogt als Fahrwart in den Vorstand des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) Thüringen gewählt.
Voll Stolz erzählt Karl Slevogt: " ... war 20 Jahre lang im Haupt-Sportauschuß das ADAC tätig ..."
In dieser Eigenschaft initiierte Karl Slevogt, Direktor der Autofirma Apollo aus dem thüringischen Apolda, 1913 die erste Bergprüfungsfahrt am Gabelbach.
Auf Einladung von Karl Slevogt und dem ADAC Thüringen fand am 24. August 1913 das erste Gabelbach-Bergrennen statt, das Slevogt auf Apollo 7/56hp in 4m38.0s. gewann. Gestartet wurde am Ortsausgang von Bad Ilmenau, die geschotterte Strecke mit Steigungen bis 16,5% führte am Gabelbach entlang, Ziel war das Gabelbach-Hotel, durchschnittliche Steigung betrug 9%.
Standen anfangs (1913) der "Prüfungscharakter" für Fahrzeuge im Vordergrund, so waren die letzten Veranstaltungen (bis 1934) reine Bergrennen, die Tausende von Zuschauern fesselten.
Fast alle großen Fahrer der damaligen Zeit starteten bei dem Gabelbach-Rennen, Carraciola, Delius, Rosemeyer, Bauchitsch, Pietsch u.v.a.
Hier eine kurze Zusammenstellung diverser Unterlagen zu den Gabelbach-Bergrennen 1913-1935.
Zahlreiche Siege und Rekorde im In- und Ausland kamen auf das Konto von Slevogt, er sah sich weniger als Rennfahrer denn als Rennsportler, der hierbei seine eigenen Konstruktionen erprobte und zum Sieg führte.
Bei einer Rekordfahrt 1909 auf der Landasch-Allee erreicht der PUCH-Wagen unter Karl Slevogt 130,4 km/h, er stellt damit den österreichischen Rekord für Automobile bis 4l Hubraum auf, der bis 1925 nicht gebrochen wird.
Schon 1910 raste Karl Slevogt aus dem thüringischen Apolda auf einem "Apollo" 1,5-Liter-Tourenwagens mit 108 km/h durch das belgische Ostende - Weltrekord!
Seine Leidenschaft für leichte Hochleistungs-Vierzylinder-Motore mit hängenden Ventilen und Obenliegender Nockenwelle, seine Fahrgestell-Versuche mit Schwingachsen und unabhängiger Radaufhängung vorn, der frühe Einsatz von Stromlinien-Karosserien war prägend für den Motorsport. Seine Konstruktionen konnten locker mit den Bugatti-Automobilen mithalten und diese meist sogar übertrumpfen.
Karl Slevogt schreibt in einem Brief an den VDI 1936: "Als damaliger Gausportleiter habe ich auch die sogenannten Bergprüfungsfahrten in erster Linie mit eingeführt. Dies entsprang durchaus nicht einer Laune, sondern war dadurch bedingt, da infolge tödlichen Unfalls von Zuschauern beim Schnelligkeitsrennen einer Prinz Heinrichfahrt durch Reichsgesetz Rennen auf öffentlichen Straßen verboten wurden.
So entstand die Slevogt-Formel, die dann bei solchen Fahrten hauptsächlich angewandt wurde. Bei der Reochsfahrt, Gabelbach, Hainberg, Baden-Baden, Feldberg, Bad Homburg etc."
Die Slevogtsche Rennformel brachte wissenschaftliche Klarheit und Ordnung in die kraftsportliche Wertung jener Tage, diese Formel berücksichtigte neben der gefahrenen Zeit auch das Gewicht des Wagens und die Steuer-PS (1 Steuer-PS = 262cm³)
Der ADAC verlieh 1929 Karl Slevogt nach Rudolf Carraciola das "goldene Sportabzeichen", die höchste Ehrung, welche der ADAC zu vergeben hatte.
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Karl Slevogt 1904 | Karl Slevogt 1914 |
Karl Slevogt 1950 |
Karl Slevogt, der Chefkonstrukteur und Direktor der Apollo-Werke Apolda, stattete im Jahre 1922 der Stadt Schleiz einen Besuch ab und fand das Straßendreieck welches die Ausfallstraßen Schleiz – Hof, Schleiz - Plauen und die Verbindungsstraße Heinrichsruh – Waldkurve (Prinzessinnenweg) bilden recht geeignet für eine Versuchsstrecke. Dann hat er die "entdeckte" Strecke als Gausportleiter des ADAC als Teststrecke für Brennstoffverbrauchsprüfungen weiter empfohlen.
Damit hat die Geburtsstunde des Schleizer Dreiecks geschlagen.
Zum 10.Juni 1923 erfolgte der erste Start auf dem Straßendreieck vor dem Gasthaus "Weidmannsruh" in Oberböhmsdorf. In der Schleizer Zeitung war zu lesen: "Das ist ein neuer Anziehungspunkt, eine neue Sehenswürdigkeit und eine neue Lebensquelle für die Stadt. Deshalb wird auch der Verkehrs- und Verschönerungsverein der Stadt Schleiz nicht verfehlen, in diesem Straßendreieck von Schleiz ein Feld neuer ersprießlicher Tätigkeit zum Wohle der Stadt zu erblicken."
Am 15. Juni fand unter Federführung des ADAC Club e.V. Sitz München die Deutsche Kraftrad Straßenmeisterschaft auf dem Schleizer Dreieck statt. Damit ist das Schleizer Dreieck die älteste Naturrennstrecke Deutschlands. (*)
Die Leitung der Veranstaltung waren Sportpräsident Dr. Bruckmayer aus München, Karl Slevogt aus Apolda und Johannes Wächter aus Schleiz übertragen worden, der Start erfolgte auf der Oberböhmsdorfer Geraden.
1924 wurden mehr als 10.000 Zuschauer gezählt.
Das Foto von 1924 zeigt im Wagen hinten links Karl Slevogt und daneben Sportpräsident Dr. Bruckmayer, München.
In einer Broschüre des ADAC "70 Jahre Schleizer Dreieck" kann man sich an Karl Slevogt als Entdecker der Rennstrecke erinnern.
(*) 2013 durfte die Rennstrecke nicht genutzt werden. Seither finden alljährlich einige wenige Rennen statt, die Strecke hat allerdings kaum noch etwas mit der Originalen gemein.
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Allgemeiner Schnauferl Club ( ASC)
Der Allgemeine Schnauferl-Club (ASC) e.V. wurde im Jahre 1900 in Nürnberg als "Intern. Auto-Spargel-Club" gegründet, doch der Name hat sich sehr schnell geändert, und so konnte im Laufe der Zeit der ASC immer mehr Freunde finden, die, der damaligen Zeit entsprechend, dem Automobil offen begegneten. Der ASC ist der älteste, durchgehend existierende Oldtimer-Club in Deutschland.
Darüberhinaus unterhält der ASC ein umfangreiches Archiv im Berliner Meilenwerk, das bis in die allerersten Anfänge fast lückenlos zurückreicht - daran könnten sich gar viele ein Beispiel nehmen.
Der ASC vergißt weder seine Geschichte noch seine Mitglieder. Selbstverständlich war Karl Slevogt schon sehr bald (1900!) ein "Schauferlbruder" im ASC und dieser hat ihn 1950, beim Goldenen Jubiläum, in einer großen Laudatio neben August Horch, Ferdinand Porsche und Josef Vollmer gestellt.
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Ohne Hinweis und das Drängen der "historischen Runde" von Sparneck unter der Leitung von Dr. Reinhard Schmalz hätte och nie mit der Erforschung des Lebenslaufes von Karl Slevogt begonnen. Am Tag des Denkmals, 12. September 2010, wurde ich in Sparneck mit dem Thema konfrontiert. Mein Vortrag zu diesem Thema am 4.5.2012 in Sparneck wurde daselbst und auch von der Presse wohlwollend akzeptiert. Dies führte zur Anbringung einer Gedenktafel am Geburtshaus von Karl Slevogt und zum Kontakt mit der Familie. Wenn die Restaurierung des Sparnecker Schlosses abgeschlossen sein wird, gibt es dort sicher Raum für ein Gedenkzimmer an Karl Slevogt.
Es erfolgte bereits ein Veröffentlichung in den Sparnecker Historischen Hefte Nr. 7/2014: "Aus dem Kriegstagebuch von Karl Slevogt" von Prof. Dr. Reinhardt Schmalz.
Leider har die "Frankenpost" alle diese Artikel, von denen KEINER aus der Feder eines Frankenp*st-Journalisten stammt, unter "Bezahl-Artikel" eingestuft (mit welchem Recht eigentlich??), auch den Bericht über meinen Vortrag vom 7.4.2017, dem Die Frankenpost den komischen Titel "Daniel Düsentrieb und Schumi" gegeben hat, sind die u.a. Links alle TOT.
Einen Artikel der Frankenpost über meinen Vortrag kann man hier nachlesen. Ich war sehr überrascht und erfreut, daß meine Arbeit in Sparneck ein derart großes Echo hervorgerufen hat, siehe auch "Zeichen der Erinnerung", "Würdigung für Karl Slevogt", "Sparnecker Geschichte".
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Wer genaue Informationen sucht: |
Laudatio |
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Es dürfte schwierig sein, diesen Bericht ohne großen Aufwand an Geld und Zeit zu ergänzen und zu erweitern. Manchmal verhindern auch Urheber-Rechtliche Probleme ene Veröffentlichung oder Ergänzung. Sollte der geneigte Leser über Informationen zu oder über Karl Slevogt verfügen, welche in diesem Werk fehlen: Material zu Karl Slevogt ist bei mir immer willkommen, bitte scheuen Sie sich nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen (info at spitzerer.de), danke. |
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Regensburg 1961 |
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Slevogts Bedeutung als Konstrukteur über seinen Tod hinaus belegt noch ein makabres Geschehen: die in Regensburg lebende und seinen Nachlaß verwaltende Tochter Edith Kayser-Slevogt mußte 1961 als Folge eines Verkehrsunfalles ins Hospital. Als sie genesen wieder in ihr Haus zurückkehrte (das gerade um diese Zeit renoviert worden war) mußte sie feststellen, daß in ihrer Abwesenheit ein Aktenschrank durchwühlt und eine Kiste mit den letzten Konstruktionsplänen ihres Vaters verschwunden war. Dieser Fall konnte nie geklärt werden. Da schon vorher von Einbruchsversuchen berichtet wurde, ist nicht auszuschließen, daß sich Dritte an diesen Plänen bereichert und geprüft haben, ob man nicht auch heute noch von Slevogts Begabung profitieren könne.
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Zusammenfassung |
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Hören wir abschließend, was H. Ostwald in einem Fachblatt über unseren Sparnecker berichtet hat: "Wer Slevogt gekannt hat, vergißt nie den Blick seiner einzigartigen hellblauen Augen. Wer einmal in diese hinein geschaut hatte, wußte mit wem er zu tun hatte. So stark der Eindruck dieser Augen auf jeden Menschen war, so zurückhaltend, ja bescheiden war sein Auftreten. Er liebte es nicht, hervorzutreten". Und an anderer Stelle: "Schon in seiner Jugend zeigte sich seine Eigenart, Aufgaben erschöpfend durchzudenken. Er vertraute seinem Ingenieursinn dabei mehr als der Eselsbrücke der Mathematik".
Es ist wirklich dramatisch, daß kein Cudell-Phoenix, kein Puch-Slevogt-Rennwagen, nur zwei bekannte Slevogt-Apollo, d.h. fast kein Fahrzeug überlebt hat, an welchem man die Slevogt'sche Ingeneurskunst bewundern könnte.
Da weit ältere und seltenere Fahrzeuge wenigsten in Teilen oder Einzelstücken die Zeiten überdauert haben, fragt man sich, warum gerade die Slevogt-Konstruktionen verschwunden sind. Wie die Verkaufserfolge belegen, haben sich die Fahrzeuge wirklich gut verkauft - waren etwa die Fahrzeuge so gut, ihrer Zeit so weit voraus, daß diese weit über die Verschleißgrenzen hinaus benutzt wurden ? Oder war die Wertschätzung der Besitzer so gering, daß alle Fahrzeuge verschrottet wurden ? Niemand kann uns das sagen.
Karl Slevogt hat selbst wenig über sich und seine Arbeiten hinterlassen - man muß das wenige nutzen, um seine Arbeitsleistung, sein Genie ins rechte Licht zu rücken.
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Quellen-Nachweis |
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Inhaltsverzeichnis |
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Technischer Direktor und Konstrukteur bei Johann Puch AG 1907-1910
Einschub: Ruppe, Ruppe & Sohn, M.A.F.
Technischer Direktor bei APOLLO 1910-1924
Technischer Direktor und Leitender Konstrukteur bei Selve 1924-1928
Ingenieurbüro Karl Slevogt 1928-1930
Karl Slevogt Kleinwagenbau in Hameln 1930-1933
Ingenieurbüro Karl Slevogt 1933-1945
Lebensabend von 1945-1951
Verbände, Vereine, Rennstrecken, Rennen
Regensburg 1961
Zusammenfassung und Nachwort
Quellen-Nachweis
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